COCOHANKE

Zwillinge

Auf der Leinwand sehen wir eine Frau in Spitalnachthemd mit zwei frisch geborenen Babies, beide habe eine Sonde in der Nase. Die Neugeborenen sind winzig. Auf der Bühne lächelt uns eine Frau etwas unsicher an, sie sieht genau so aus wie die Frau auf dem Bild. “Ich habe gerade Zwillinge geboren” sagt sie und lächelt. Eine zweite Person erscheint die genauso aussieht wie die Person auf der Leinwand, alle drei lächeln und die Darstellerinnen beginnen zu tanzen. Sie tauschen ihre Babies, werfen sie in die Luft und fangen sie wieder auf. Wir lachen, es ist absurd, unerwartet und komisch.

Das ist die Geburt des Abends, in dem wir staunend in die Welt der Zwillinge eintauchen. Wilde und bunte Szenen lösen sich spielerisch und tanzend aus der Narration heraus. Mit den Interviews und Videoeinspielungen vereinen sich Kinoleinwand und Theater auf wundersame Weise und die Darstellerinnen verschmelzen mit den farbenfroh gezeichneten Projektionen.

Wir erfahren von Romulus und Remus, lernen über die griechischen Mythen, werden von den Zwillingsgöttern mit imaginären Pfeilen beschossen. Bei der Szene der Telenovela sollen wir selbst die klischeehafte und unbequeme Entscheidung treffen, wer von den beiden die besser Performerin ist. “Wie konnte sie nur? Ja, wie konnte sie nur?” kommt die Frage auf, als die beiden Darstellerinnen als Zwillingsmonster verkleidet den Stereotypus vom Mittelalter nachspielen und ihre Kinderfotos kommentieren. Gegen Ende kommt Eva Moses Kor mit ihren Interviewtexten durch die Darstellerinnen zu Wort und erzühlt von den genetischen Experimenten die sie in Auschwitz erfahren musste.

Wir erleben ein Stück, was die intime Frage nach der eigenen Identität im Bezug zu einer nahestehenden Person reflektiert. Dem Einfluss der gesellschaftlichen Vorstellungen, geschichtlichen Hintergründen und genetischen Aspekten werden auf eine tiefe, leichte und geniale Art erarbeitet.

Das Stück spart nicht mit Humor und zutiefst ehrliche und komisch-absurde Szenen wechseln einander ab.

Spiel: Imogen und Ramona Karcher Regie: Hugo rex tibiriçá Film und Fotos: Jakob Klaffs Grafik und IT: Tobias Alexander Franke Diffusion: Nathaly Leduc Technik: Raphael Haldenwang

Spieldaten und Orte 2022: 24.-27. Feb. in Basel im Save UM, 3.-5. März in Zürich auf der Bühne S, 28.-30. April in Genf im Théâtricule, 7. Mai in Liestal im HEBDI, 7. Okt. in Fribourg (CH) in der Kellerpoche, 20.-22. Okt. in Berlin